Der Delicate Arch wird zum "Crowded Arch"
Die beste Zeit für den Delicate Arch ist eigentlich bei Sonnenuntergang oder am späten Nachmittag. Im Sommer 2017 schließt der Arches NP wegen Bauarbeiten um 19 Uhr. Wir müssten spätestens um 18:15 Uhr am Parkplatz los fahren, um den Park rechtzeitig verlassen zu können. Deshalb verlegen wir den Aufstieg zum berühmtesten Arch der Welt auf 8 Uhr am Morgen, wenn auch die Temperaturen noch angenehmer sind.
Vor uns fährt eine Kolonne an Autos in den Park und keiner biegt ab. Alle wollen zum Delicate Arch. Mit diesem Andrang an Wanderern haben wir nicht gerechnet. Der 2,5 km (1,6 Meilen) lange Aufstieg ist technisch und in ca. 1 Stunde zu bewältigen. Das letzte Stück führt über einen schmalen und etwas ausgesetzten Trail.
Erinnerungen an das erste Mal am Delicate Arch
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir im Mai 1995 zum ersten Mal hier hoch gestiegen sind, am Abend, zur perfekten Zeit und mit nur wenigen anderen Naturfreunden. Als der Arch in Sicht kommt, bleibe ich stehen und fast ehrfürchtig auf dieses einzigartige Naturwunder, das jeden in seinen Bann zieht. Scheinbar geht es nicht nur mir so. Es herrscht eine fast andächtige Stimmung.
Ich habe keinen Blick mehr für den Arch
Davon ist am 31. Mai 2017 nichts mehr zu spüren. Am Gipfel herrscht beinahe Volksfest-Stimmung. Touristen aus aller Welt setzen sich mit ihren Smartphones in Position, um ein Erinnerungsfoto vor dem schönsten Arch der Welt zu schießen. Viele positionieren sich direkt vor oder unter dem Arch. Und minütlich kommen weitere Menschenmassen dazu.
Ein kleines Mädchen möchte wissen, was das für ein komisches Ding vorne an meinem Rucksack ist. Ihre Mutter erklärt ihr, dass das ein Trinkrucksack ist und ich mit dem seltsamen Teil Wasser trinken kann, das in meinem Rucksack drin ist. Ich demonstriere der Kleinen dieses Wunderwerk der Technik, das sie deutlich mehr zu beeindrucken scheint als der große Felsbogen da drüben.
Mir ist bei dem Trubel der Blick für dieses grandiose Naturwunder schon lange verloren gegangen und ich taufe den Delicate Arch im im Geiste in "Crowded Arch" um.
Langsam verstehe ich wieder, warum wir Jahre lang enorme Strapazen auf uns genommen, weite Strecken auf unwegsamen Pisten zurück gelegt haben, obwohl wir beide nicht gerne Offroad fahren und Stunden lang in entlegenen Gebieten herum geirrt sind, die nur mit Allradfahrzeugen und GPS machbar sind, obwohl die USA soviele grandiose Naturwunder zu bieten haben, die bequem urreichbar und bestens erschlossen sind.
Ich mache halbherzig ein paar Fotos mit meinem Smartphone, weil das Objektiv meiner Kamera defekt ist. Der Delicate Arch liegt ohnehin im Schatten, aber ich wollte das langjährige Aushängeschild des Südwestens der USA einfach nochmal sehen.
Als wir den Rückweg antreten, bin ich so fertig, dass ich eine Reihe Menschen passieren lassen muss, ehe ich mich auf den schmalen Trail wage, der uns von den Menschenmassen am Arch weg führt. Dafür fällt mir der Abstieg ziemlich leicht. Ich bin echt froh, dass wir auf den Weg nach unten sind. Ich frage mich, wo die vielen Leute geparkt haben, die uns entgegen kommen. Der Parkplatz war um 8 Uhr schon fast voll. Der Arches NP könnte ein Shuttle-System vertragen.
Wir wissen nicht, ob wir noch einmal in den Südwesten der USA reisen werden. Aber wir sind ziemlich sicher, dass das unser letzter Besuch im Arches NP war.